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Mit doppeltem Einsatz zum Netz-Erfolg

Seit 1. Juni macht Joachim Pfister als technischer Geschäftsführer die neue Doppelspitze der naturenergie netze GmbH komplett. Grund genug, das motivierte Führungsduo zu einem Interview zu bitten. Wie stellen sich Joachim Pfister und der seit April amtierende kaufmännische Geschäftsführer Boris Philippeit die Zukunft von naturenergie netze vor?

 

Herr Pfister, seit 1. Juni sind Sie technischer Geschäftsführer der naturenergie netze GmbH. Konnten Sie sich bereits einen Überblick über das Netzgebiet und seine Besonderheiten verschaffen?

Ich denke, es wäre vermessen zu behaupten, sich in einer so kurzen Zeit einen fundierten Überblick über das Netz von naturenergie netze machen zu können. Natürlich informiere ich mich schon seit einigen Wochen in Einzelgesprächen mit den Leitern der Bereiche, um mir ein möglichst umfassendes Bild zu machen. Aber mir ist es auch wichtig, persönlich in der Fläche mit den vor Ort tätigen Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen, um einen umfassenden Eindruck zu gewinnen.

 

Wie ist der Netzbereich technisch aufgestellt, und wo sehen Sie die größten Herausforderungen der nächsten Jahre?

Ich bin kein Freund von schneller Veränderung um der Veränderung willen. Deshalb werde ich ad hoc auch keine schnelle organisatorische Veränderung oder Anpassung angehen wollen. Aber eines habe ich schon erkannt: Wir müssen eine schnelle und inhaltlich hochqualitative Transformation in die Digitalisierung der Netze schaffen. Viele Wettbewerber sind hier schon sehr schnell und gut unterwegs. Ich bin mir sicher, dass wir diesen Schritt ebenfalls schaffen, wenn alle mit anpacken.

Ich möchte, dass wir uns mit Innovationen beschäftigen, was wir heute noch nicht im Portfolio haben.

Herausfordernd sind natürlich die Konkurrenzsituation bei den Bewerbungen auf Konzessionen, die Vorgaben an die Verteilnetzbetreiber, die die Bundesnetzagentur uns in immer kürzeren Abständen zur Umsetzung vorgibt, und nicht zuletzt unser Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit.

Ich sehe große Chancen in den Bereichen Wasser, Abwasser und Gasversorgung, die aber in unserer Aufbau- und Ablauforganisation noch nicht den entsprechenden Stellenwert haben.

 

Der Netzausbau ist entscheidend für die Energiewende. Wo sehen Sie dringenden Handlungsbedarf?

Deutschland hat sich für den Weg der Energiewende entschieden und dadurch einen unglaublichen Veränderungsdruck vor allem für die Netzbetreiber ausgelöst. Und natürlich spüren auch wir diesen Druck.

Aber der Netzausbau alleine wird uns nicht weiterhelfen. Die Netze wurden in den letzten Jahrzehnten nicht für diese neue Welt geplant und gebaut. Den typischen Weg des Stromes vom Kraftwerk zum Verbraucher gibt es nicht mehr. Immer mehr Erzeugungsleistung kommt direkt aus dem Netz und belastet die vorhandenen Netze in völlig neuer Art und Weise.

In den Mittel- und Niederspannungsnetzen wissen wir heute großenteils nicht, wie sich die Lastflüsse bewegen. Das heißt: Für mich muss mehr Intelligenz ins Netz. Wir müssen im Netz prognosefähig werden. Wir brauchen die Möglichkeit einer validen Einschätzung der Lasten (Ein- und Rückspeisung) in den Umspannwerken und Ortsnetzstationen in Abhängigkeit der Wettersituation, sowie eine jederzeit aktuelle Netztopologie, sowie einen digitalen Schaltzustand über alle Netzebenen hinweg um ein durchgängig rechenfähiges Netzabbild zu erhalten.

Und wir müssen natürlich die Network Codes erfüllen: rechtlich bindende EU-Verordnungen, mit denen die technischen Voraussetzungen für einen effizienten und offenen EU-Binnenmarkt im Stromsektor entstehen sollen.

  

Welche langfristigen Ziele haben Sie für die Gestaltung des Unternehmens naturenergie netze?

Zu allererst: Wir müssen konkurrenzfähig sein! Und wir müssen mit dem, was wir können, sichtbarer werden – getreu dem Motto „Tue Gutes und sprich darüber“. Außerdem benötigen wir ein qualitativ hochwertiges Netz, allerdings nicht um jeden Preis. Kostentransparenz ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt.

 

Was war bislang Ihr größter beruflicher Erfolg, und wo liegen Ihre Stärken?

Da muss ich jetzt aufpassen, was ich sage, denn nun betreiben wir ja ein wenig eigene Nabelschau. Aber es gibt zwei Themen, die besonders herausfordernd waren, im Rückblick jedoch sehr erfolgreich verliefen:

  1. Aufbau des Anlagenbetriebs, also die Flächenorganisation der TransnetBW. Mit Beginn des Unbundlings musste die TransnetBW, bis dahin eine reine Managementgesellschaft, alle operativen Themen selbst aufbauen. Diese Aufgabe durfte ich ab 2011 übernehmen. Die Chance, einen Bereich „auf der grünen Wiese“ neu aufbauen zu können, bietet sich nicht jeden Tag.
    Innerhalb meiner Zeit bei der TransnetBW konnte ich sieben Teams mit ca. 150 Mitarbeitern aufbauen und erfolgreich integrieren.

  2. Erfolgreiche Restrukturierung der Netzführung Strom/Gas bei der NetzeBW mit Einführung eines völlig neuen Schichtsystems unter maximalem Einbezug der Schichtmitarbeitenden.

Was das Thema „Stärken“ betrifft: Da bringe ich, denke ich, zwei Aspekte mit:

  1. Bei der NetzeBW und bei TransnetBW habe ich alle technischen Aspekte erlebt und maßgeblich mitgestalten dürfen. In meiner Zeit bei der EnBW-Akademie habe ich die Ausbildung zum systemischen Organisationsberater absolviert. Das erweist sich bei allen personellen und organisatorischen Aufgabenstellungen als hilfreich.

  2. Ich arbeite gerne mit Menschen und bringe Organisationen gerne zielgerichtet vorwärts.

 

Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?

Ich bin zielorientiert, scheue keine Herausforderung, kann gut zuhören, habe ein hohes Maß an Motivation und baue gerne „Brücken“. Vernetzung ist mir äußerst wichtig.

 

Wie schalten Sie ab und tanken neue Energie?

Ich höre Musik, fahre Motorrad und reise gerne (wenn es wieder geht).

 

Herr Philippeit, mit Ihrem Wechsel in die Geschäftsführung der naturenergie netze GmbH sollen die kaufmännischen Themen noch stärker besetzt werden. Welche nicht-technischen Belange kamen bislang zu kurz?

Aus meiner Sicht müssen wir uns stärker auf eine wirtschaftliche Denke konzentrieren. Wir müssen noch dienstleistungs- und kundenorientierter werden. Denn schließlich müssen wir uns dem Wettbewerb stellen. Dazu gehört auch, dass wir noch stärker Ideen entwickeln, wie naturenergie netze auch abseits des klassischen Stromnetzbetriebs mit Dienstleistungen Geld verdienen kann.

 

Worin sehen Sie den Vorteil einer Doppelspitze in der Geschäftsführung?

So können wir Themen auf mehrere Schultern verteilen. Die Herausforderungen und Aufgaben, vor denen wir stehen, sind nämlich so vielfältig, dass eine Person allein diese gar nicht bewältigen kann.

Dass eine Netzgesellschaft zwei Geschäftsführer hat, ist in der Branche längst Normalität. Bei bnNetze, um nur ein Beispiel zu nennen, sind seit Neuestem sogar drei Geschäftsführer tätig.

 

Mit welchen Maßnahmen wollen Sie dem Konzessionsgeschäft zu mehr Erfolg verhelfen?

Zum einen wollen wir unsere personellen Ressourcen verstärken. Wichtig ist außerdem, dass das Team nicht nur aus Technikern besteht. Wir stellen es vielmehr bewusst interdisziplinär auf, indem wir zum Beispiel auch Kollegen aus der Kommunikation mit einbinden.

Darüber hinaus wollen wir externen Sachverstand nutzen – zum Beispiel, indem wir Berater einbinden, die in Konzessionsverfahren erfahren sind. Das machen wir ja jetzt auch bereits.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist: Wir wollen in den Konzessionsangeboten mutiger werden.

 

Welche neuen Umsatz- und Ertragsquellen wollen sie mittelfristig erschließen?

Hier fallen mir insbesondere technische Dienstleistungen für Kommunen, Weiterverteiler und Industriekunden ein – zum Beispiel in den Bereichen Wasserversorgung, Straßenbeleuchtung sowie bei Wartung und Betrieb technischer Anlagen.

 

Wie wollen Sie die Effektivität und Effizienz von naturenergie netze weiter steigern?

Mein Ziel ist, dass wir in allen Bereichen noch stärker das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Blick haben. Dazu gehört, dass wir überprüfen, wo wir Prozesse verschlanken und Projekte schneller mit Erfolg abschließen können. Neben verstärkter Digitalisierung helfen dabei Eigenverantwortung und Entscheidungsfreude in der Organisation. Beides möchte ich fördern.

 

Wo sehen Sie die naturenergie netze GmbH in fünf Jahren? Welche Rolle spielt das Unternehmen dann in der Energiedienst-Gruppe? Wohin soll es sich entwickeln?

Die naturenergie netze GmbH wird in fünf Jahren weiterhin eine tragende Säule der Energiedienst-Gruppe und auch weiterhin ein geschätzter und anerkannter Partner für Kommunen und andere Kunden sein, hoch geschätzt wegen ihrer Kompetenz und Zuverlässigkeit. 

Sie wird weiterhin eine feste Größe in der Region sein – allerdings etwas kleiner als in früheren Jahren. naturenergie netze hat zwar Rückschläge erlebt, daraus aber gelernt und sich stabilisiert und weiterentwickelt. In fünf Jahren ist das Unternehmen dienstleistungs- und kundenorientierter sowie digitaler als heute. Und achtet stärker auf die Anforderungen des Marktes und die Bedürfnisse der Kunden. Es hat sich in verschiedenen erfolgreichen Partnerschaften mit Kommunen und kleineren kommunalen Energieunternehmen einen Namen als kompetenter, zuverlässiger, vertrauenswürdiger Partner gemacht und damit auch neue Ertragsquellen erschlossen.

 

Und wie schalten Sie ab und tanken neue Energie?

Bei Ausflügen, Gesellschaftsspielen mit der Familie oder beim Wandern und beim Fußball Schauen.

 


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