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Agile Arbeitsweisen – Expedition ins Unbekannte?

Agile Arbeitsweisen sind die Antwort auf eine komplexe, sich immer rascher verändernde Welt. Oft denkt man dabei an Projekte. Aber auch Teams können sich agil aufstellen. Nicht nur der neue Kommunikationsbereich wird agil gestaltet werden – ein Anlass, sich dieser Welt anzunähern.
Agilität meint die Gewandtheit oder Beweglichkeit von Organisationen und Personen. Man reagiert flexibel auf unvorhergesehene Ereignisse und neue Anforderungen. Einem Team traut man zu, sich eigenverantwortlich zu organisieren und die Umsetzung zu gestalten.
Franziska Heidecke (naturenergie netze) ist mit einem crossfunktionalen Team für die bereichsübergreifende Zusammenarbeit der Bereiche naturenergie netze, Kommunikation und Marketing gestartet. Sie hat vor ihrem Start bei naturenergie netze bei der EnBW als „Chief Product Owner“ gearbeitet und auch eine Ausbildung dazu absolviert. Zudem hat sie eine „Agile Leadership“-Zertifizierung.

 

Das Ziel steht fest – das „Wie“ noch nicht

„Mit unserem agilen Team sind wir – Valerie Wagner (Konzessionen), Jennifer Bock (Technische Geschäftsführung), Alexandra Edlinger (Kommunikation), Selina Harde (Marketing) und ich – seit Anfang Mai am Start“, berichtet Franziska. Dieses Team kommuniziert intern und extern die Innovationen von naturenergie netze. Wenn Franziska erzählt, wie die Teamarbeit organisiert ist, klingt das etwas ungewohnt und vor allem sehr englisch. In festen Zeiträumen (Sprints) werden Aufgaben besprochen und angegangen. Der Job von Franziska als Product Owner ist es, priorisierte Aufgaben (Product Backlog) bereitzustellen und Hindernisse (Impediments) aus dem Weg zu räumen. Das Team entscheidet gemeinsam, welche Aufgaben es angeht, und insbesondere auch, wie es diese erfüllt. Regelmäßig überprüft ein agiles Team in Retrospektiven (Retros), ob die Zusammenarbeit gut funktioniert und was sich noch verbessern lässt. Das Ziel, naturenergie netze mit seinen Innovationen gut zu vermarkten, steht fest. Wie dieses Ziel aber erreicht wird, beschließen alle gemeinsam – flexibel und kundenorientiert.

 

Der Kundennutzen steht im Mittelpunkt

Neben diesen Regeln zur Zusammenarbeit steht bei allen Aktivitäten der Kundennutzen im Mittelpunkt. Bei Franziskas agilem Team geht es darum, naturenergie netze als innovativen Lösungspartner für die Kunden darzustellen. Dafür wird keine starre, langfristige Planung erstellt, sondern der größtmögliche Nutzen je nach Gegebenheiten und Möglichkeiten geliefert. Das eröffnet viel mehr Möglichkeiten – auch zum Lernen und Anpassen, wenn etwas nicht richtig läuft.

„Aus den Routinen entwickelt sich mit der Zeit ein agiles Mindset, eine Haltung im Arbeitsalltag“, beschreibt Franziska die Entwicklung in die Agilität. Um für den Kunden die beste Lösung zu finden, benötigt es die Erfahrung und Kompetenz jedes einzelnen Teammitglieds. Typisch für agile Teams ist es auch, dass alle notwendigen Kompetenzen in dem Team gebündelt sind. So vermeidet man Abhängigkeit und Verzögerungen durch Experten, die außerhalb eines Teams stehen. Das Team agiert auf Augenhöhe, erhält maximale Freiheit und Entscheidungskompetenz.
Aber auch teamintern achten alle darauf, Reibungsverluste zu vermeiden.

Eine gute Kommunikation ist die Grundlage

Während der Product Owner vornehmlich für das Projektergebnis verantwortlich ist, hat es für den Projektprozess, also die Durchführung des Prozesses, eine separate Rolle, damit auch diese Perspektive nicht zu kurz kommt: den Scrum Master. Der Begriff Scrum kommt aus dem Rugby-Sport. Er bezeichnet das wilde, ungeordnete Gedränge bei Spielbeginn. Übertragen auf die Methode des agilen Arbeitens bedeutet Scrum das Prinzip, dass nicht alles von außen geordnet und vorgegeben wird, sondern dass eine Selbstorganisation stattfindet. Der Scrum Master ist dementsprechend ein Coach, der die Methode kennt und sie für das Team zum Leben erweckt. Eine Aufgabe ist es unter anderem, die kurzen täglichen Meetings (Dailys) sicherzustellen. „In diesem Zusammenhang ist es wichtig, darüber nachzudenken, warum solche Meetings vorgegeben werden“, ergänzt Friederike. „Es geht nicht um das Meeting an sich – sondern darum, täglich einen Austausch, eine Kommunikation und eine Verbindung im Team herzustellen. Hindernisse gilt es täglich anzusprechen und sofort auszuräumen.“ Der Scrum Master achtet außerdem immer darauf, wie die Teammitglieder miteinander kommunizieren, und moderiert im Bedarfsfall. „Kommunikation ist immer mit dem Risiko verbunden, dass man sich nicht versteht oder jemanden verletzt. Als Scrum Master gilt es, das zu erkennen und gemeinsam mit dem Team wieder für eine gute Kommunikation zu sorgen.“
Friederike Flamm (Bereich D) hat eine Ausbildung als Scrum Master absolviert. „Ich war überrascht, dass es dabei viele Inhalte aus Neurobiologie, Kommunikationswissenschaften und Persönlichkeitstheorien hatte. Mit diesem geschärften Blick fällt mir heute noch mehr auf, wenn sich Besprechungsteilnehmer zurückziehen oder andere übertönen. Wenn in der Kommunikation keine Balance und keine vertrauensvolle Zusammenarbeit bestehen, lässt sich schwerlich das optimale Ergebnis erreichen.“

 

Alles im Wandel – auch die Rollen im Team

Typisch für die agile Welt ist auch, dass Mitarbeiter verschiedene Rollen einnehmen – und dass diese Rollen auch wechseln – können. Dies ist natürlich ein Gegensatz zur hierarchischen Organisationsstruktur, wo Mitarbeiter meist eine fixe Position wie Teamleiter oder Fachspezialist einnehmen. „Wenn man vielleicht auch nur temporär eine Rolle in einem agilen Team einnimmt, ist es sehr wichtig, dass man selbst und das ganze Team die Aufgabe und den Zweck der Rolle kennen. Dann kann man im Team ohne Verzögerungen und Missverständnisse schnell mit der Arbeit beginnen“, erklärt Friederike die Vorteile.
Wie Franziska hervorhebt, ist agiles Arbeiten eine Frage der Firmenkultur – und damit der inneren Einstellung nicht nur einzelner Mitarbeiter, sondern auch des Unternehmens: „Wenn dieser Ansatz klappen soll, muss ihn die Firma insgesamt mittragen bis in die Führungsetagen hinein. Die Führungskräfte müssen dann realisieren, dass die Entscheidungen aus den Teams kommen und nicht mehr den klassischen Weg über ihre Schreibtische gehen.“ Friederike ergänzt: „Als Mitarbeiter muss man sich trauen, Entscheidungen zu treffen. Als Führungskraft muss man Entscheidungen zulassen. Diese Verschiebung ist ein Prozess, der Zeit und Mut benötigt. Eigenständigkeit, Selbstständigkeit und Verantwortung werden dadurch noch wichtiger.“
Friederike hat für diese Vorgehensweise einen Vergleich parat: „Ein agiles Projekt ähnelt einer Expedition. Dafür braucht es ein Expeditionsteam, das prima zusammenarbeitet und alle nötigen Kompetenzen mitbringt. Man muss sich aufeinander verlassen können, und jeder muss alles geben. Außerdem lässt sich natürlich nicht alles planen und vorgeben. Wenn sich eine Barriere auftut, helfen alle zusammen und räumen diese weg – oder wählen einen Umweg. Wenn man einmal unterwegs ist, muss man das Ziel eigenständig erreichen.”

„Die Arbeit läuft nicht streng nach Lehrbuch.“

Franziska Heidecke, Digitalisierungsmanagerin naturenergie netze

Manchmal bleibt es beim klassischen Weg

Franziska und Friederike stimmen überein, dass agiles Projektmanagement nicht für alle Projekte taugt. „Es gibt nach wie vor Themen, bei denen man mit klassischem Projektmanagement besser fährt“, sagt Franziska. „Es gilt immer zu prüfen: Wann ist welcher Ansatz sinnvoll?“ „Bei Projekten, in denen eine genaue Abfolge planbarer Schritte einzuhalten ist, eignet sich die klassische Methode deutlich besser. Auch für kleine, einfache Projekte wäre der Aufwand agilen Arbeitens viel zu groß – hier ist nicht so viel Kommunikation notwendig“, erklärt Friederike. „Ein guter Projektleiter sollte beide Ansätze kennen und für sein Projekt den jeweils besseren Ansatz wählen.“ Franziska ergänzt: „Man muss immer die Methode und das Vorgehen verwenden, die einem nützen, und daher die Vorgaben aus der agilen Welt nicht zu streng sehen.“ In diesem Zusammenhang ist auch wichtig, über die eigene Zusammenarbeit zu sprechen. „Wir diskutieren immer wieder auch über die Arbeitsweise: Arbeiten wir gut zusammen? Was können wir ändern und verbessern? Da ist nichts in Stein gemeißelt, und als Führungskraft muss und will ich nicht alles festlegen“, bekräftigt Franziska.

 

Fazit: Lassen wir uns darauf ein!

Geradezu enthusiastisch ermuntert Franziska dazu, sich einfach darauf einzulassen. „Die schönste Erfahrung ist, wenn du das selbst einmal erlebt hast“, berichtet sie. Gerne steht die dynamische Digitalisierungsmanagerin von naturenergie netze für weitere Tipps zum agilen Projektmanagement zur Verfügung. „Bei Bedarf vermittle ich jederzeit auch Kontakte in Richtung EnBW, die viel Erfahrung damit hat.“

Wie sieht ein agiles Projektteam aus?

„Das ideale Team im agilen Projektmanagement ist crossfunktional zusammengesetzt. Nur so sind die nötigen Kompetenzen gewährleistet. Bereichsinterne Teams führen daher nicht zum Ziel“, weiß Franziska. „Das Team muss so ausgestattet sein, dass es selbstständig und eigenverantwortlich handeln und entscheiden kann“, ergänzt Friederike. „Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann ein Team Berge versetzen.“ Ziel ist es auch immer, nicht zu viele Dinge parallel anzugehen. Jeder Wechsel von einer Tätigkeit zur nächsten oder von einem Thema zum nächsten führt zu Verlusten. Deshalb arbeitet ein agiles Projektteam im Idealfall räumlich sehr eng zusammen und fokussiert sich auf das Projekt.

(Noch) mehr Agil?

Im ED Campus gibt es ein peppiges und informatives Training: ‚Agiles Arbeiten Basiswissen‘. Dort wird unter anderem auch das Agile Manifest und die VUKA-Welt vorgestellt. Du weißt nicht, was das ist? Dann ab zum Training.

Die Erfahrungen damit und Eure Fragen könnt Ihr gerne in der Agilen-Teams-Community mit uns teilen. Dort können wir uns gut austauschen. Wir freuen uns auf Euch.

Weiterführende Links:
Agiles Arbeiten in 3 Minuten erklärt – YouTube
Agiles Projektmanagement erklärt – YouTube
Agiles Projektmanagement in der Verwaltung?! Teil 1: Einführung zu „Scrum“ | Verwaltungsrebellen


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